Am 8./9. Mai 2022 jährt sich die Befreiung vom Nationalsozialismus zum 77. Mal. Mit der „bedingungslosen Kapitulation aller deutschen Truppen“ endete am 8. Mai 1945 in Europa der Zweite Weltkrieg. In diesem Vernichtungskrieg hat Deutschland über viele Völker unendliches Leid gebracht.

Die Sowjetunion mit 27 Millionen Opfern zahlte einen hohen Blutzoll. Zum Sieg über den Faschismus trugen alle Völker der Sowjetunion bei. So endete die deutsche Besatzungsherrschaft beispielsweise im heutigen Belarus mit immensen materiellen Zerstörungen und dem Tod von etwa einem Viertel der Bevölkerung, darunter fast der gesamten jüdischen Bevölkerung. Selbst die ferne Kirgisische SSR verlor im Krieg etwa ein Fünftel ihrer Bevölkerung. Die Sowjetunion beklagte den Tod von fast 15 Millionen zivilen Opfern.

Die Versöhnung zwischen den Völkern nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges gehört zum Katalog gemeinsamer Werte, die wir alle miteinander teilen, in ganz Europa, vom Atlantik bis zum Ural, und auch darüber hinaus. Als europäisches Datum wird des 8. Mai/ 9. Mai heute von vielen Europäern der vom deutschen Faschismus überfallenen Länder gedacht. Er ist Teil eines kollektiven europäischen Gedächtnisses, wobei seinem Schicksal gemäß jedem Volk dabei seine eigenen Gefühle und Erfahrungen hat. Dies ist ein Tag der Erinnerung an das, was Menschen erleiden mussten, und ein Tag der Befreiung vom menschenverachtenden System der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft.

Mit Blick auf den durch nichts zu rechtfertigenden Angriffskrieg Russlands gegen die Ukraine und den nicht absehbaren Folgen rufen wir dazu auf, sich an den Katalog der gemeinsamen Werte nach dem Zweiten Weltkrieg zu erinnern, sich für Frieden und Völkerverständigung einzusetzen und die gefährliche Spirale von weiterer Gewalt, Aufrüstung, Sanktionen und Spaltungen aufzuhalten.

Bundespräsident Richard von Weizsäcker hat zum Abschluss seiner Rede bei der Gedenkstunde des Deutschen Bundestages am 8. Mai 1985 formuliert:

„Die Bitte an die jungen Menschen lautet:
Lassen Sie sich nicht hineintreiben in Feindschaft und Hass gegen andere Menschen,
gegen Russen oder Amerikaner,
gegen Juden oder gegen Türken,
gegen Alternative oder gegen Konservative,
gegen Schwarz oder gegen Weiß.
Lernen Sie, miteinander zu leben, nicht gegeneinander.
Lassen Sie auch uns als demokratisch gewählte Politiker dies immer wieder beherzigen und ein Beispiel geben.
Ehren wir die Freiheit.
Arbeiten wir für den Frieden.
Halten wir uns an das Recht.
Dienen wir unseren inneren Maßstäben der Gerechtigkeit.
Schauen wir am heutigen 8. Mai, so gut wir es können, der Wahrheit ins Auge.“

In diesem Sinne fühlen wir uns in unserem Handeln dem Frieden in Europa und der Welt verpflichtet.

Jelena Hoffmann, Vorsitzende des Vorstands, Stiftung West-Östliche Begegnungen
Andreas Dippe, Vorsitzender des Kuratoriums, Stiftung West-Östliche Begegnungen
Peter Franke, Vorsitzender, Bundesverband Deutscher West-Ost-Gesellschaften
Martin Hoffmann, Geschäftsführender Vorstand, Deutsch-Russisches Forum e.V.

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